Schlösser und Burgen in Baden-Württemberg
  Burg Steinsberg
 

Auf des Autoren Streifzüge durch die Hügelwelt des Kraichgaus musste denn die Burg Steinsberg nur allzu oft grüßen; und es ist wahr, den Spitznamen "Kompass des Kraichgaus" trägt das Gebäu mit vollem Recht. An einem kalten Wintertag, unter strahlend blauem Himmel, von Schnee dabei keine Spur, ward der "Kompass" nun direkt angesteuert. Schon jenes Annähern ein kleines Schauspiel für sich: hügelauf und hügelab verschwindet sie, oder hüpft, beständig größer werdend, bald wieder in die Höhe. Die staufische Anlage, ob der überaus markanten Gestalt verzeichnet man sie notwendig unter den schönsten Burgruinen ganz Baden-Württembergs!
Burg Steinsberg gewinnt ihre ausdrucksvolle Gestalt dank besonderer Stellung auf einem die umgebende, wellige Hügellandschaft weit überragenden Basaltkegel (gar der höchste Punkt des gesamten Kraichgaus), der vor Urzeiten als Vulkan seinen Ausgang nahm. Zum anderen aus der Formation der Burg selbst: wie eine Schlange nämlich rollt die Burg ihre Mauern um die Felsenkuppe, gipfelnd im Bergfried, der sich aus der Mitte, am höchsten Punkt, gleichsam als ihr Kopf in die Höhe reckt. Dieser Metapher zollend markierte sie mit drohender Geste einen strategisch bedeutsamen Punkt im Kraichgau.
Heutigentags freilich, aller fortifikatorischer Nutzung entkleidet, erzeigt sie sich vor allem noch majestätisch. Von der milden Wintersonne angeleuchtet reflektieren die sandsteinernen Mauern goldenes Licht, die erhabene Wirkung der Burg nurmehr steigernd. Hilfreich auch der sehr gute Erhaltungszustand der Burg; während das Innenleben durchaus litt, wurden die Umfassungsmauern mit Toren und Bastionen sowie der Bergfried nur wenig beschädigt. Die signifikante Gestalt aus Lage und Arrangement der Mauern bis hin zum achteckigen Bergfried, welcher der einzige seiner Art nördlich der Alpen, verleihen der Stauferburg auch deutschlandweit Bedeutung — wenn man sie der badischen Randlage zum Trotz wahrnehmen möchte.


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Obgleich die entsprechenden Funde (noch) fehlen, lässt sich ohne weiteres annehmen, dass der Basaltkegel seit jeher um Befestigung wusste. Die hieb- und stichfeste Geschichte dagegen beginnt erst 1109 mit einem sich nach dem Namen der Burg nennenden Rittergeschlecht. Um 1200 findet man die Burg im Besitz der Grafen von Öttingen. Unter ihrer Ägide, möglicherweise auch erst unter den 50 Jahre später folgenden Pfalzgrafen bei Rhein, ward dann der heute noch sichtbare älteste Teil der Burg errichtet. Der außergewöhnliche achteckige BERGFRIED (30 Meter hoch) und die zwölfeckige Ringmauer (10 Meter hoch) — beide spätstaufischer Natur und beachtlich ob der besonderen Sorgfalt der eingebrachten Buckelquader.
Um 1250 bereits sichern sich die Pfalzgrafen bei Rhein, die späteren Fürsten der Kurpfalz, den wichtigen Stützpunkt. Unstreitig in ihre Regentschaft fällt die zweite bedeutende Ausbaustufe, welche aus der Burg das heute prägende, beeindruckende Festungsbild kreierte: viele Mauern und im Verhältnis dazu wenig Wohnraum. Konkret ergänzten sie 1436 die Anlage um ZWEI MAUERRINGE mit runden BASTIONEN und die gleiche Anzahl Tore, darunter eines mit Turm. Die zwei sich schneckenartig nach oben kringelnden Mauerzüge wurden in den Hügel, den Basaltfelsen hinein getrieben. Noch vor Ausgang des 15. Jahrhunderts eine dritte, jedoch kleinere Erweiterung: die Zwingermauer wurde verlängert und ein weiteres Tor beigefügt — womit die Burg in Summe über gleich vier Tore verfügt.
1517 schließlich greift das einflussreiche Kraichgauer Rittergeschlecht von Venningen nach der Festung. Immerhin fand man sie den Pfalzgrafen als Amtleute zu Diensten bereits seit Ende des 14. Jahrhundert auf Burg Steinsberg. Aber der käufliche Erwerb stand unter keinem guten Stern. Nur wenige Jahre später, 1525, konnte man den aufständischen Bauernhaufen nicht widerstehen. Die Eroberung der wichtigen Festung darf als besonderes Husarenstück der Kraichgauer Bauern gelten.
Man brannte nieder, was niederzubrennen war. Aber die gewaltigen Mauern focht das nur wenig an, und am Ende lachten wieder die Ritter.

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Der Aufstand wurde wie allerorten niedergeschlagen und die nunmehr kleinlaute Bauernschaft hatte für den Schaden aufzukommen: 5000 Gulden musste die ohnehin ausgemergelte Landbevölkerung irgendwie berappen. Jenes Geld diente vor allem dem Wiederaufbau der WOHN- und WIRTSCHAFTSGEBÄUDE im Burghof. Durch Umbauten ist keines von ihnen noch im Originalzustand.
Ein letzter Schicksalsschlag im Jahre 1777, als ein Blitzschlag in den Bergfried fuhr und das hölzerne Innenleben lodernden Flammen anheim stellte — alleine den starken Mauern war wiederum nicht beizukommen. Aber man fand ohnehin das Zeitalter, in welcher das Wohnen in Burgen als unmodern gesehen, zunehmend mit Makeln behaftet ward, und so entschloss sich die Burgherrschaft zur Aufgabe des Bollwerks. Immerhin machte man ob der weiterhin gegebenen strategischen Bedeutung den Bergfried bereits 1792 wieder begehbar. Außer stetem aber nicht übermäßigem Verfall, welcher vor allem darin begründet, dass das Gebäu nicht zum billigen Steinbruch degradiert, lässt sich für die folgenden zwei Jahrhunderte nur wenig berichten. Indes springen wir gleich nach 1973, da das unmittelbar benachbarte SINSHEIM die Burg erwarb und erhebliche Mittel zur Sanierung aufwendete — auch an dieser Stelle Dank dafür.
Ob des guten Zustandes ist die Begehung der Burg ausgesprochen lohnenswert. Flanieren wir sie also schrittweise ab. Zunächst das ÄUSSERE TOR — ein Spitzbogen und darüber ein Rundbogenfries. Sogleich taucht man in den dunklen Schatten der Nordseite; die beiden nächsten TORBAUTEN warten bereits. Der kalte Wintertag zeigt sich hier durch pfeifenden Wind von seiner harten Seite, lässt auch das Gemäuer umso abweisender erscheinen. Wiederum spitzbogige Tore und Rundbogenfriese, das erste ergänzt von einem niedrigen Turm. Dann das VIERTE TOR, langsam weicht der kalte Schatten. Hinein in den BURGHOF.


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Ob der hohen Ringmauer wirkt er wohl eng, aber nicht zu eng. Sein Prunkstück natürlich der oktogonale Bergfried, der reizvoll als Solitär (ohne Verbindung zur Schildmauer) in die Höhe strebt und mit größter Leichtigkeit über die Schildmauer lugt. Das Buckel-Quaderwerk beeindruckt in der Tat durch seine Sorgfalt, dazu romanische Rundbogen-Öffnungen, geknickte Zinnen und vor allem die auffällige, achteckige Grundform. Einen aufregenderen, ja schöneren Bergfried hat der Autor nirgendwo gefunden.
Die ehemaligen Wohn- und Wirtschaftsgebäude dagegen ducken sich unter die Schildmauer, förmlich an ihr klebend. Die Mauern in der Sonne leuchten golden und darüber der blaue dezembergetauchte Himmel — ein ruhiges Bild, von einziger Wirkung. Als Ausgleich für die körperliche Anstrengung nach "Eroberung" von Basalthügel und Bollwerk sowie der geistigen bei Betrachtung und Einschätzung der Anlage steht auch hier die immer gerne bemerkte Gaststätte bereit.
Wir aber antworten auf den Ruf des Bergfriedes, begeben uns also innerhalb des markanten Oktogons in die Höhe. Oben treibt der winterliche, eisige Wind wohl sein härtestes Regiment, ohne aber zu obsiegen. Ein zumal beim warmen Sonnenlicht fantastischer Anblick nämlich verbannt ihn billig aus dem Bewusstsein. Zu Füssen schwappen die Wellen des Kraichgaus, im lustigsten Wechsel bedeckt von Wäldern, Reben und Feldern. Die Bäumen werfen auch am Mittag lange Schatten, und alles changiert zwischen sanftem Grün und braun-goldenen Tönen. Rings umher das gleiche Landschaftsbild; nach Norden erhebt sich in noch einiger Entfernung der Odenwald. Gewiss eine eher unaufgeregte Landschaft und dennoch gerade ob jener Homogenität die schönsten Prospekte.
Endlich versäumen wir auch nicht den Rundgang um die Burg, beziehungsweise die Erkundung zwischen den Ringmauern. Die runden Bastionen mit Schießscharten und mächtige Strebepfeiler bereichern. Immer wieder schöne Ausblicke in die Landschaft und dazu winterkahle Bäume verschiedenster Größe, die bizarre Schatten auf die goldenen Mauern werfen. So darf man wohl ausrufen, dass Burg Steinsberg hier nunmehr vollendet, was mit haarsträubender Monumentalität im Sturme begonnen: den Gewinn ungeteilter Sympathie.


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Noch unter dem überwältigenden Eindruck fahre ich beinahe achtlos durch das zu Füssen liegende Dorf WEILER. Doch plötzlich tritt die Steinsberg nochmals direkt vor Augen. Erhaben steht sie über dem Dorf und bildet mit dessen Bauten anziehende Prospekte aus.
Weiler bringt einige FACHWERKHÄUSER, ein durchaus imposantes Barockgebäude — dermaleinst ZEHNTSCHEUER — und eine zurückhaltende aber keineswegs langweilige KIRCHE wiederum im Barockstil. Das aufregendste an letzterer eine Materialkontinuität zur Burg: gelber Sandstein. Halb im Schatten durch ein gegenüberliegendes Fachwerkhaus (fränkische Machart) leuchtet nur der geschweifte Giebel des Schiffes und der auf der Vorderseite emporstrebende Kirchturm golden wie die Ruine Steinsberg. Zuvor hatte ich die Burg immer nur im Zusammenhang mit den umgebenden Landschaftsbildern bewundern können, nun durfte ich ihr auch als glücklichster Hintergrund einer Ortschaft, kontrastierend gegen dessen feingliedrige Fachwerkbauten und im Gleichklange mit der Dorfkirche ausgemachte Attraktivität bescheinigen. Das i-Tüpfelchen.


Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Ruine und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Website www.burg-steinsberg.de
4) örtliche Informationstafel 
        

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