Schlösser und Burgen in Baden-Württemberg
  Schloss Balingen
 

Das Zollernschloss, eine malerische Gebäudegruppe des späten Mittelalters, steht an der Südwest-Ecke der Altstadt von Balingen (am Rand der Schwäbischen Alb, Landkreis Zollernalb). Die durch ihr Fachwerk reizvolle Anlage besteht neben weiteren Nebengebäuden vor allem aus drei Bauwerken: dem runden Wasserturm, einem Turm der alten Stadtbefestigung - dem eigentlichen Zollernschloss mit Krüppelwalmdach (und durch eine Brücke mit dem Wasserturm verbunden) - und dem Reiterhaus mit Satteldach (auf obiger Abbildung von links nach rechts gesehen). Die sehr gefällige Zusammenschau wird durch die doppelte Stadtmauer und den Zusammenfluss von Steinach und Eyach vollendet. Nach einem verheerenden Stadtbrand des Jahres 1809 ist das Schloss-Ensemble die größte verbliebene mittelalterliche Stadtpartie.
Das ursprüngliche Residenzschloss der Grafen von Zollern-Schalksburg diente später als Sitz württembergischer Obervogte. Die Grundmauern der Zollerschen Stadtburg stammten aus dem 13. Jahrhundert, also aus frühgotischer Zeit und standen im Zusammenhang mit der Stadtgründung Balingens. Die oberen Stockwerke wurden 1372, rund ein Jahrhundert später erneuert. 1403 wurde das Schloss mit der gesamten Herrschaft Schalksburg nachhaltig an Württemberg verkauft, welches die Anlage, wie bereits dargelegt, für die Vogte nutzte.
            

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Die Nordost-Ansicht des Schlosses (links) wird vom runden Wasserturm bestimmt. Der sehr ansehnliche schlanke Turm, mit Fachwerk-Obergeschoss, hohem Zeltdach und edlem gotischen Maßwerkfenster ist der letzte von einst vier Stadtwehrtürmen, die jeweils einen der vier Stadtmauereckpunkte sicherten. Der Zusammenhang mit dem Schloss bewahrte ihn, ebenso wie den Stadtmauerabschnitt dieser Stelle.
Daneben gewahrt man die Stadtansicht des eigentlichen Schlosses, damit dessen Nord- und West-Ansicht. Über massivem zweistöckigem Sockel aus gelbem Sandstein steht das Fachwerk-Geschoss mit gotisch hohem Krüppelwalmdach. Alleine die Westansicht (Giebelseite) zeigt eine stehende Holzverschalung, wie sie im Mittelalter gerne verwendet um das wetterempfindliche Fachwerk zu schützen. Das spätgotische Fachwerk wurde im Alemannischen Stil ausgeführt. Typisch hierfür auch die Auskragung des Fachwerk-Geschosses, welche über quadratische Konsolsteine abgetragen wird, die ihrerseits das schöne Fassadenbild bereichern. 
Spätestens ab Ende des 30jährigen Krieges 1648 kam das Schloss mehrfach in schlechten baulichen Zustand, der immer wieder behoben wurde. Dem ungeachtet eignete sich die Anlage immer weniger für repräsentative oder bürgerlich-wohnliche Bedürfnisse. 1753 wurde das Schloss verkauft, und das Reiterhaus "verkam" zur Brauerei mit Wirtschaft und Gästezimmern; noch schlimmer traf es das eigentliche Schlossgebäude, welches fortan nur noch als Stall und Scheune diente!
Aber es kam noch schlimmer: die Bausubstanz verschlechterte sich weiter, bis 1935 kein anderer Ausweg als der Abriss des Schlosses. Der Abgang war ein kompletter, bis zu den Fundamenten. Zum großen Glück fand sich genügend Fürsprache um das Schloss kostspielig wieder aufzubauen, unter Wahrung der alten Gestalt und unter möglichst weitgehender Nutzung originaler Bauteile. Hätte man das Schloss durch ein zeitgenössischen Neubau ersetzt, der Verlust für Balingen, sowie für die Gesamterscheinung der Schlösser und Burgen in Baden-Württemberg wäre ein gewaltiger gewesen!
            

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Obgleich insbesondere durch die hohen Holzstützen auch ansehnlich, kann das Reiterhaus (Bild links) an Schönheit mit dem eigentlichen Schlossbau nicht mithalten. Die Stützen an der südlichen Längsseite tragen über eine Pfette den Dachvorsprung ab. Im Gegensatz zur Giebelseite (Westansicht) ist die Südfassade leider verputzt, also ohne reizvollere Fachwerk-Struktur. Die Westseite zeigt zahlreiche Andreas-Kreuze im dem Fränkischen Stil zuneigenden Fachwerk.
Die rechte Abbildung gibt den Schlossbau von seiner Ostansicht wieder. Wie auch nach Süden "wächst" das Schloss direkt aus der inneren Stadtmauer empor, was der Außenansicht gegenüber den Stadtseiten weitere Höhenentwicklung, damit eine monumentalere, noch gefälligere Wirkung gewinnt. Die schönste Ansicht des Schlosses, das im übrigen auch hier über ein Fachwerkgeschoss verfügt, welches über den Giebel noch bis zum Krüppelwalmdach hochstößt. Sehr reizvoll auch, wie das Alemannische Fachwerk an seiner Südost-Ecke in ursprünglicher Manier ganz unverputzt die Holzbohlen zeigt und damit effektvoll von der Ost- auf die Südseite überleitet. Bevor der Alemannische Stil die Fächer zwischen den Holzbalken mit verputztem Mauerwerk ausfüllte, wurde die Gebäudehülle über rückwärtige Holzbohlen geschlossen.
            

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Links die Südansicht des Schlossbaus zusammen mit dem Wasserturm. Die äußere Stadtmauer, nur durch einen schmalen Uferstreifen von der Steinach getrennt, besitzt hier noch beträchtliche Höhe.
Daneben sieht man den Wasserturm, verbunden mit Schloss über eine filigrane Holzbrücke. Der Rundturm ist direkt mit der äußeren Stadtmauer verbunden und verfügt neben dem schönen gotischen Maßwerkfenster noch über zahlreiche Schießscharten, die den gelben Sandstein löchern. Das gotische Fachwerk verschwand spätestens im 18. Jahrhundert hinter Verputz, und wurde wohl erst 1934 bei der Sanierung des Turms wieder freigelegt, als großer Gewinn für die Gesamtansicht des Zollernschlosses.
Rechts die enge Zusammenschau von Wasserturm, Schloss und Reiterhaus, entlang der äußeren Stadtmauer von Norden gesehen.
            

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Auf der linken Abbildung sieht man Reiterhaus und Schlossbau in der Zusammenschau. Die Anlage war ursprünglich von der Stadt wehrhaft abgetrennt, per Mauer mit Tor und Graben, die L-förmig von Stadtmauer zu Stadtmauer reichten. Die Abtrennung muss spätestens im 18. Jahrhundert aufgegeben worden sein.
Rechts blickt man abschließend nochmals auf den Wasserturm und den Schlossbau, als beliebtes Fotomotiv monumental über einem Stauwehr der Eyach stehend. Eine höchst malerische Erscheinung!
Welche Nutzungen beherbergt das einstige Residenzschloss heute? Im Wasserturm sind die alten Gefängniszellen erhalten und zu besichtigen. Im Schloss findet man das "Museum für Waage und Gewicht", eine der weltgrößten(!) Sammlungen ihrer Art. Und das Reiterhaus dient als Jugendherberge. Die nach außen unscheinbare Zehntscheuer, ein Nebengebäude des Schlosses, besitzt seit 1992 das "Haus der Museen". Aber selbst wenn man diese Nutzungen außen vor lässt, ist die Schlossanlage als eine der schönsten Baden-Württembergs jede Besichtigung wert.


Quellen
1) Besichtigung vor Ort: Schloss und Stadt 
2) Wikipedia-Artikel Zollernschloss Balingen
3) Gradmann, Eugen / Christ, Hans / Klaiber, Hans: "Kunstwanderungen in Württemberg und Hohenzollern", Belser Verlag Stuttgart, 1955

            

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