Schlösser und Burgen in Baden-Württemberg
  Schauenburg
 

Über dem Ortenau-Städtchen Oberkirch, dem alten Hauptort der größeren der beiden ehemaligen straßburgischen Besitzungen rechts des Rheines, gleichsam den Eingang des Renchtales bewachend, erhebt sich die Schauenburg. Dieser Anteil des Landes des Bistums Straßburg erstreckte sich vor allem entlang der Flüsse Acher und eben der Rench, und das beeindruckendste Bollwerk dieser Region fand man in der Schauenburg.
Die Schauenburg wurde um 1050 von den Zähringern gegründet, namentlich durch Herzog Berthold II., der an der strategisch bedeutsamen Stelle des Taleinganges einen auch aus anderem Grunde besonderen Standort fand. Die Burg nämlich erklomm keineswegs die Spitze ihres Berges, kam vielmehr schon auf halber Strecke zum Stehen, wo sie aber in einer felsigen Kuppe trotzdem einen Gipfel gewann. So fand sie sich ringsherum bestens gesichert und nicht allzu hoch über der Pforte des Renchtales, welche im Bedarfsfalle nur umso schneller erreichbar. Die Burg wurde zu einer trutzigen Veste indem man die gewählte Anhöhe, ohnehin versehen mit gleich zwei Ringmauern, zusätzlich mit tiefem Graben und vorgelagertem Mauerring befestigte.
Am Ende war das Bollwerk von mittelalterlichen Belagerern kaum einzunehmen, wie auch ein wohl hartnäckiger endlich aber erfolgloser Versuch des 12. Jahrhunderts nahe legt. Damals sah die Burg in Uta von Schauenburg, der Gründerin des nicht fernen Klosters Allerheiligen prominente Bewohnerschaft. Sie stammte aus dem Geschlecht der Grafen von Calw und Eberstein, an welche die Befestigung Ende des 11. Jahrhunderts übergegangen war. Der Gatte kam in Händel ausgerechnet mit einem ihrer Vettern, dem Grafen von Calw, so dass also Familienzwistigkeit zu genannter Belagerung führte! Was wohl lustig klingt war keinesfalls Lappalie, nämlich bedurfte man gar der Beschwichtigung Kaiser Lothars, um des Vetters Mannschaft zum Abzug zu bewegen.


1


















Bald, um das Jahr 1200, trat ein nächster Vetter Utas auf den Plan, der Graf von Eberstein, an welchen die Burg nämlich nach ihrem Tod fiel. Einmal in der Hand der Ebersteiner wollte dieselbe nicht mehr von ihr lassen, hielt sie fest fast 500 Jahre, bis 1660, dem Aussterben des ritterlichen Geschlechtes. Die Ebersteiner Grafen selbst allerdings fand man selten nur auf der Burg, vielmehr ward sie als eine Ganerbenburg dauerhaft an mehrere Familien gleichzeitig verliehen, welche dank Burgfrieden ein einträchtig Miteinander sicherten. Je länger also desto weniger gedachte man der Ebersteiner, und das umso mehr als deren Hauptterritorium im Murgtal ja in einiger Entfernung. Am Ende sahen sich vor allem die Ritter von Schauenburg als eigentliche Burgherren. Gleichzeitig aber schien die Enge der Verhältnisse immer weniger erträglich, verlor die Burg sukzessive an Attraktivität, bis man endlich nur zeitweise das Bollwerk noch aufsuchte, die Tage lieber in komfortablen Stadtwohnungen verlebte.
Mochten den Ebersteiner Grafen nur noch eine Nebenrolle zukommen, so sank dennoch der Stern der Burg just mit ihrem Aussterben. Im übrigen sah sie ausgerechnet in jener Zeit zum zweiten Male Prominenz: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen, Autor des Stückes "Der abenteuerliche Simplicissimus", welches gemeinhin als erster bedeutender deutscher Prosaroman gilt. Hierin beschreibt er zeitkritisch, dabei auf merkwürdig humoristische Weise den 30jährigen Krieg, in welchen er bei hoher militärischer Position tatsächlich verwickelt. Bald nach Beendigung des großen Krieges, 1650, kam er als Verwalter und Burggraf. Er blieb bis 1661, also bis zum endgültigen Verlöschen der einflussreichen Ebersteiner Linien. Merkwürdig genug, nur wenige Jahre später trat auch die Schauenburg ab. Man hat davon auszugehen, dass die Veste in den wiederum kriegerischen Zeiten, welche mit dem Holländischen Krieg anhoben, dabei spätestens im Pfälzischen Erbfolgekrieg ab 1689 zerstört wurde. Urkundlich gesichert aber liegt sie seit 1731 als Ruine.

2

















Eine Ruine immerhin, die noch einiges an Trutzigkeit und abweisendem Charakter bewahrte. Noch heute imponiert der gewählte Standort, die steile Kuppe, die dem zackigen Gebäu umso größeren Effekt verleiht. Von der äußeren Mauer, der ZWINGERMAUER lässt sich noch so viel gewahren, dass man ihren Verlauf, mit einiger Phantasie zumindest nachvollziehen kann, genauso wie der anschließende Graben, wiewohl im Laufe der Zeit mehr und mehr aufgefüllt, noch Begriff gibt von der ausgeklügelten Abschottung. So wenig dieser Umfassungsmauer auch vorhanden findet sich trotzdem ein gotisches PORTAL mit Spitzbogen, ja sogar ein TOR, das aber im Gegensatze zum Portal nur noch roh steht.
Rechte Aufmerksamkeit freilich schenkt man diesen Überresten zunächst nicht, zu sehr nämlich nimmt die eigentliche Burg gefangen. Zwar ist die äußere der beiden RINGMAUERN gleichfalls in weiten Teilen niedergeworfen, umso besser aber der Erhalt der inneren, welche noch ganz umläuft und bekrönt von zwei fesselnden Wohntürmen — fürwahr diese beiden Steinklötze, hoch und ausladend, gehören zu den trutzigsten, den reizvollsten ihrer Art in ganz Baden. Als Mittelding zwischen breit gelagertem Palas und hohem Turm vereinigen sie beide Vorzüge, was ihnen ob der erzielten Dimension ein wahrlich abweisendes Aussehen gewinnt.


3

















Nähert man sich von vorne, also aus Richtung Oberkirch, so gewahrt man den ERSTEN WOHNTURM von noch beträchtlicher Höhe, dabei aber die Vorderseite förmlich aufgeschlitzt. Der skurrilste Anblick: gleich einer klaffenden Wunde ein Riss über beinahe vier Stockwerke! und dahinter ein Gewölberest, der vermittels Bogen (nur) dem Scheine nach eine aufgespannte Brücke. Links der "Wunde" nur noch die Buckelquader des Eckgemäuers und rechts Fenster mit gut erhaltenen Gewänden, gotische Zwillingsfenster, dreimal sorgsam übereinander gestapelt; links läuft die Eckquaderung bis zum Boden, rechts dagegen läuft der Wohnturm übergangslos, in der Art einer Skulptur in die innere Ringmauer — zur "Veredlung" zahlreiche Schießscharten, sorgfältig gearbeitet wie die Zwillingsfenster.
An Gestalt nicht nachstehend der ZWEITE WOHNTURM. Er zeigt die gleiche Stockwerksanzahl, wächst gleich zu beiden Seiten aus der Schildmauer empor — ein ungemein kraftvoller Auftritt. Wiederum gotische Öffnungen, zumeist als Zwillings- oder Drillingsfenster, außerdem Schieß-Scharten, alles aber lebendig, gemäß der Anforderungen der Innenräume, über das rohe Gemäuer verteilt. Die Öffnungen, weil durchgehend klein, lassen das Gebäu umso gewaltiger und abweisender erscheinen. Lustig amorph der ruinöse Kopf des Turmes, der alle vier Ecken, ob ihrer größeren Stabilität höher aufwachsen und die Wände dazwischen zur Mitte abfallen lässt. Beide Türme im übrigen zeigen eine angepasste (verschobene) rechteckige Grundform.
Ein wenig unterhalb des zweiten Wohnturmes ragt eine BASTION effektvoll ergänzend nach vorne. Ein Überrest der äußeren Ringmauer, die von hier aus noch einige Meter weiter zieht. Die innere Mauer geht hier, also nach Osten zur Bergseite, im übrigen in eine dicke SCHILDMAUER über. Wie die Ringmauern hat auch dieses Bauteil einige Meter an Höhe verloren, nicht allerdings das weiterhin beachtlich trutzige Gepräge.


4

















Der BURGHOF lässt sich durch ein in groben Zügen erhaltenes TORHAUS betreten. Er überrascht durch gewisse Großzügigkeit, welche ihre einfache Erklärung im erheblichen Gebäudeverlust findet. Außer den Wohntürmen finden sich wohl noch einige Reste, nichts aber von vergleichbarer Ausdrucksstärke. Aber auch diese beiden Bauten nehmen sich im Burghof weniger imposant aus. Beeindruckend freilich immer noch, da aber der Burghof ungefähr auf Höhe der inneren Ringmauer, fehlen ihnen hier zahlreiche Höhenmeter. In beide kann man lustig einschlüpfen und, da sie völlig ausgekernt, das beklemmende Gefühl der Enge "genießen", welches gefördert von den hoch aufragenden Außenwänden.
Zwar gibt es keinen besonderen Aussichtspunkt, lässt sich also nichts ersteigen, dafür aber genießt man vom Burghofe beständig schönste Anblicke der Rheinebene (mit dem zu Füssen liegenden Oberkirch) und die Rahmung des dumpf leuchtenden Schwarzwaldmassivs.
An einem Gebäudeüberrest hängen Metalltafeln, gekonnt gefertigt, dem Besucher nicht nur die Geschichte der Burg preis gebend, auch nämlich ein Relief ihres Aussehens in besten Tagen. Das Bild einer wahren Trutzburg, vielleicht ein wenig übersteigert, eingedenk der Wirkung der Wohntürme aber ohne weiteres nachvollziehbar. Führe man es im Geiste mit während man sich in der Schlosswirtschaft, welche knapp unterhalb der Burg, von den "Schrecken" der grotesken Trümmersilhouette erholt.


Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Schloss und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) örtliche Informationstafeln
        

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