Navigation |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Das Schloss Eberstein — welches nicht verwechselt werden darf mit der ruinösen Burg (Alt-)Eberstein am Übertritt des Murgtales in die Rheinebene — okkupiert seit ihren frühsten Tagen ein mächtiges, nach vorne springendes Felsmassiv, die erste Engstelle des Murgtales, nahe Gernsbach. Ein sehr reizvolles Bild — von beiden Seiten. Vom Talausgang kommend, am besten von der Alt-Gernsbach gegenüberliegenden Murgseite, steht die komplexe Burganlage hoch über Fluss und bewaldeten Abhängen — das härtere, schroffere Bild. Talabwärts, vom Dorfe Obertsrot blickend, erhebt sich das Schloss über einem rebengedeckten Weinberg — ein weiches Bild, welches sich vorzüglich zum lieblichen, fast märchenhaften Ausdruck des Gebäus gesellt. Von Obertsrot übrigens lässt sich das Schloss schön in Perspektive bringen mit Fachwerkhäusern und einer Kapelle mit wunderlichem, hoch aufragenden Dachreiter. Von hier aus nimmt man auch den schönsten Weg zur Burganlage, vor allem weil man hier aufsteigend die herrlichste Aussicht in das immer enger werdende Murgtal erheischt. Dagegen von Gernsbach kommend mag man wohl einen Waldspaziergang genießen, Ausblicke indessen nur wenige.
Das Schloss ward soeben mit dem hier nur allzu leicht über die Lippen gehenden Klischee des Märchenhaften bedacht. Hat sich also der Autor zu mühen diese Behauptung einer gewissen Leichtfertigkeit zu entrücken. Das Schloss, in bestem Zustand und dementsprechend bewohnt, kann dabei leider nicht betreten werden, muss also von außen und mit Hilfe eines Kunstgriffes beurteilt werden.
Jenes Märchenhafte lässt sich zumeist der Heterogenität der Burg zuschreiben, welche vor allem aus zwei Ausbaustufen konstituiert (wobei die verschiedenen mittelalterlichen Baumaßnahmen zusammengefasst sind) — des weiteren spielt die Entfernung des einst wehrhaften, abweisenden Charakters der Burg eine gewichtige Rolle. Bemühe ich zur näheren Beschreibung in grobem Umrisse die Historie der Burg.
1
|
Wie der Name schon suggeriert, wurde die Burg von den Ebersteiner Grafen gegründet, lange Zeit gar als deren Hauptsitz genutzt. Mit dem Schwächerwerden des einst einflussreichen Rittergeschlechtes kam die erste Hälfte der Burg an die Markgrafschaft Baden; im 18. Jahrhundert (die Ebersteiner Haupt- und Nebenlinien waren ausgestorben) dann ganz an Baden-Baden. Zu diesem Zeitpunkt allerdings war das Schloss nur noch Ruine — der Pfälzische Erbfolgekrieg, namentlich das Geheiß des Sonnenkönigs ließ auch hier Ende des 17. Jahrhunderts ein trauriges Zerstörungswerk ausrichten. Da aber von den dicken Burgenmauern, welche der Niederbrennung leicht trotzten dennoch genug übrig blieb, hat jenes mittelalterliche Gemäuer als bedeutender Grundstock des heutigen Bildes zu gelten. Nachdem 1771 die baden-badische Linie ausstarb, gelangte deren markgräfliches Territorium samt Schloss Eberstein an die baden-durlachische Markgrafschaft. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts, Baden war nunmehr Großherzogtum, setzte eine erste Welle der Burgenromantik ein, welche auch Könige und Fürsten nicht unbeeinflusst ließ. Hierüber nun entstand der zweite Anteil des heutigen Schloss-Prospektes.
Preußens Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. ließ sich die Rheinburg Stolzenfels durch Karl Friedrich Schinkel, Bayerns Kronprinz Maximilian Burg Hohenschwangau bei Füssen, und eben der badische Hof unter Karl Friedrich 1803-04 durch Friedrich Weinbrenner Schloss Eberstein (die jeweils ruinösen Burgen) in einem romantisierenden Stile wiedererrichten. Weinbrenner schuf unter anderem eine Arkade mit gotischen Spitzbögen und einen reizenden, gleichfalls gotischen Turmaufsatz. Die Arkade im inneren Burghof kann leider nicht besichtigt werden und, schlimmer noch, die Turmspitze, neben dem gotischen Turm in Karlsruhe das schönste Beispiel für Weinbrenners Umgang mit mittelalterlicher Formensprache, wurde noch im 19. Jahrhundert gegen einen wenig ansehnlichen Aufsatz eingetauscht (ein bitterer bauhistorischer Verlust, zumal auch der gotische Turm in Karlsruhe abging). Kurzum Weinbrenners romantischer Eingriff kann für den vor verschlossenem Burgtore Stehenden kaum gewahrt werden.
2
|
Dafür aber die nächste, gut sichtbare romantische Baumaßnahme, ausgeführt unter Großherzog Leopold 1835-40 durch, wie ich an dieser Stelle nur vermuten kann, Badens Oberbaudirektor (und Nachfolger von Weinbrenner) Heinrich Hübsch. Hierzu gehört ein langgestreckter Bau mit Treppengiebeln, der von Obertsrot aus bestens sichtbar zusammen mit dem mittelalterlichen Hauptbau des Schlosses (von Weinbrenner mit zahlreichen Fenstern und auch Balkonen versehen) den effektvollen Prospekt dominiert. Dieses Bauwerk vor allem, zusammen mit einem zweiten gleicher Machart am äußeren Burghof, verpasst dem Schlossgebildes etwas durchaus Unwirkliches, Inszeniertes — freilich ohne weiteres ein liebreizendes Aussehen.
Am Schlosse schließlich angelangt, sticht besonders der mittelalterliche, weiß verputzte Torbau ins Auge. Die Durchfahrt (verschlossen) zeigt einen Renaissance-Bogen, lustig sind zahlreiche Schießscharten verteilt und am schönsten die überaus kunstvolle Pechnase über dem Tor. Sie zeigt Wappen und Renaissance-Ornamentik und gehört zweifelsohne zu den wertvollsten in ganz Baden-Württemberg.
Ansonsten aber gewahrt man nicht allzu viel. Die hohe Mauer des äußeren Burghofes noch und, wenn man eine Treppe hinabläuft, jenen romantischen Langbau mit Treppengiebeln — er beherbergt übrigens ein edles Restaurant und unterhält in der warmen Jahreszeit ein Terrasse mit herrlicher Aussicht ins sich verengende Murgtal.
Damit jedoch wollte ich denn doch nicht zufrieden sein. Zunächst auf einem lustigen, schmalen Pfad die Umrundung der durchaus weitläufigen Anlage. Aber auch das nützte nur wenig, erzeigten sich doch nur wenig aussagekräftige Partien, welche zudem durch umrankende Natur verdeckt. Der märchenhafte Charakter immerhin ward so befördert.
3
|
Am Ende aber heimste der Autor vermittels des schon angedeuteten Kunstgriffes noch einen großen Erfolg ein. Dem beschriebenen Torbau gegenüber reckt sich ein Felsen mehrere Meter in die Höhe. Ihn zu besteigen scheint kein besonderes Wagnis und so ergriff ich diese Gelegenheit — der Lohn: Einblick in den äußeren Burghof. Nach hinten wird dieser von einem sich hoch auftürmenden Teil der mittelalterlichen Burg begrenzt; beeindruckend, wie auch die sich hinter ihm wellende, grüne Murgtalwand. Ein wunderbarer Prospekt, der als I-Tüpfelchen der Besichtigung aus der Nähe gelten darf.
Seit wenigen Jahren darf der Hof der Vorburg endlich betreten werden! Hier bewundert man die Innenseite des Torbaus dank seiner Fachwerk-Partien, weit mehr aber die gewaltige Schildmauer mit dem Bergfried, die aus nächster Nähe förmlich "drohen". Wie man auch seine Freude am runden weißen Treppenturm hat, hoch zur Schildmauer führend (jedoch verschlossen), vor allem aber reizend wie eine überdimensionierte Schachfigur. Mag man schließlich noch einen Blick auf die Hofseiten der romanizistischen Gebäude werfen.
Der Blick in das weiter in die Höhe steigende Murgtal muß natürlich an diesem höchsten Punkt seinen finalen Effekt finden. Die schönste Verbindung: ergreifendes Bauwerk - ergreifende Landschaft, sich ihrer gegenseitigen Steigerung vergewissernd.
4
|
Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Schloss und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Homepage www.schloss-eberstein.de
4) Arthur Valdenaire "Friedrich Weinbrenner: Sein Leben und seine Bauten", C. F. Müller Verlag, 4. Auflage Heidelberg 1985 (Braun Verlag, Karlsruhe 1926)
5
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|