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Die Burg Hohenzollern, am Rand der Schwäbischen Alb weithin sichtbar, ist eine der malerischsten und zugleich spektakulärsten Burganlagen Deutschlands. Als neugotische Gipfelburg, die zwei Vorgänger-Vesten im 19. Jahrhundert nachfolgte, "beherrscht" sie die weite Umgebung, ihre Schönheit und Bedeutung durch diese Fernwirkung mit einem "Ausrufezeichen" versehend.
Hochinteressant auch die Bauherrschaft. Denn hier baute weder der württembergische Hof noch ein ansässiges Adelsgeschlecht, sondern niemand geringeres als das in Berlin residierende preußische Königshaus, welches wenige Jahre nach Erbauung der Burg sogar zu einem kaiserlichen Geschlecht aufstieg! Fern der seinerzeit enorm angewachsenen Hautptlandmasse Preußens setzte man sich ausgerechnet im weit entfernten Süden des Deutschen Reiches ein gewaltiges Denkmal. Warum? Das erfährt man auf den folgenden Seiten.
Die turmreiche Anlage, die einerseits pittoreske Wiederbelebung des gotischen Mittelalters, andererseits modernste Festungsanlage, die im Kriegsfalle vielleicht unüberwindbar gewesen wäre, liegt auf dem 855 Meter hohen Zollernberg, als Zeugenberg dem Trauf der Schwäbischen Alb vorgelagert. Bei Errichtung auf dem seinerzeitigen Territorium des Fürstentums Hohenzollern, welches langgestreckt zwischen dem Großherzogtum Baden und dem Königreich Württemberg, liegt die Hohenzollern heute auf dem Gemeindegebiet von Bisingen (Zollernalbkreis), mit Hechingen als nächster größerer Stadt in unmittelbarer Nähe. Eng war in der Historie insbesondere die Verbindung mit der befestigten Stadt Hechingen, weshalb die heutige Trennung merkwürdig anmutet.
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Die linke Abbildung zeigt den Bischofsturm (links) an der Westspitze der Anlage und den Markgrafenturm, der sowohl nach Westen wie Süden zeigt.
Rechts blickt man entlang des Bastionengartens auf die hier perspektivisch stark verkürzte Südseite. Die Burggebäude beschreiben in der Grundform ein nach Osten offenes "Hufeisen". Die südliche Spitze der U-Form wird von der katholischen Michaelskapelle markiert (im Bild also ganz vorne). Die gotische Kapelle ist das einzige Gebäude der Vorgängerburg, das erhalten wurde, bzw. erhalten werden konnte. Dem ungeachtet folgte der Neubau sowohl der Burggebäude als auch der Bastionen der mittelalterlichen Vorgabe, entstand also gleichfalls in Rücksichtnahme auf die Historie.
Die eigentliche Burg steht mehrere Meter über der Ebene der Bastionen. Nach Osten wird der fortifikatorische Höhensprung von einer Mauer geleistet, zu den anderen Himmelsrichtungen von den Burggebäuden selbst, namentlich durch Anlage hoher Sockel.
Die so prächtige Burganlage diente bis auf kurze Zeiten nicht als Wohnstätte, sondern wurde und wird bis auf den heutigen Tag zur Repräsentation des hohenzollerschen Hauses genutzt. Dem ungeachtet ist der glücklicherweise bestens, wenn auch nicht kostenlos zugängliche Privatbesitz natürlich ein Touristenmagnet von außerordentlicher Anziehungskraft, zweifellos eine Hauptsehenswürdigkeit Baden-Württembergs.
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Dem gewaltigen Reiz der monumentalen Außenansichten keineswegs nachstehend ist der Blick in den Burghof (rechtes Foto). Zahlreiche Türme, verbunden mit sorgsamer Detailgestaltung der verschiedenen Gebäudeteile, welche entschieden der neugotischen Sprache zuneigen, zeugen ein Bild welches malerischer kaum gedacht werden könnte. Türme, Türmchen und Turmerker, spitze und hohe Dächer, dazu kontrastierend die Rundform des Wartturms, allenthalben der gotische Spitzbogen; das Ganze aber ohne theatralische Übersteigerung, vielmehr von ernster Mannigfaltigkeit getragen: keine Theaterkulisse à la Schloss Neuschwanstein, sondern im Bestreben ein mittelalterliches Idealbild zu schaffen, das Idealbild einer mächtigen Fürstenresidenz.
Die linke Abbildung zeigt die Spitze des Torturms der inneren Burgmauer über der Bastionenmauer mit ihrem Zugangstor. Die Errichtung der Burganlage erstreckte sich von 1850 (Grundsteinlegung) bis 1867 (Einweihung). Als Architekt diente der preußische Hofarchitekt Friedrich August Stüler, seit 1842 Nachfolger des berühmten klassizistischen Baumeisters Friedrich Schinkel als Architekt des Königs, und seinerzeit einer der renommiertesten Architekten Europas. In den ersten Jahren noch den spätklassizistischen Spuren seines Lehrers Schinkel folgend, neigte sich sein Entwurf immer mehr einer malerischen Interpretation des Mittelalters zu, eingesetzt u.a. für eine Vielzahl von Kirchenbauten.
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Die spektakulären Außenansichten der Burggebäude, monumental und pittoresk zugleich: monumental durch schiere Höhe und Vertikalität der Türme, malerisch durch die zahlreichen und edlen neugotischen Details bis hin zu aufwendigen Maßwerkfenstern. Alle vier Außentürme treten deutlich vor die Burggebäude, was die senkrechte Wirkung unterstreicht. Der fünfte Turm ist der Torturm, der über die Burgmauer an die Burggebäude gebunden wird.
Links der Markgrafenturm an der Südseite, in der Mitte der Kaiserturm mit seinen hohen Maßwerkfenstern und rechts der Michaelsturm (mit Markgrafenturm links). Letzterer steht hinter der Gartenbastei, der Kaiserturm hinter der Fuchslochbastei und der Markgrafenturm hinter der Scharfeckbastei. Der Bischofsturm, als vierter Außenturm, steht an der Westspitze der Burg, hinter dem sogenannten Spitz.
Mag man an dieser Stelle auch der beiden Vorgängerburgen gedenken. Die erste Burg ist zwar erst 1267 urkundlich belegt, wurde vermutlich aber schon im 11. Jahrhundert als Veste der Grafschaft Zollern erbaut. 1423 ging die Anlage unter, indem der Bund der schwäbischen Reichsstädte nach einjähriger(!) Belagerung grimmig demolierte. Erst nach über 30 Jahren, 1454, kam es zu einem frühgotischen Neubau, der im 30jährigen Krieg aufgrund der drohenden Gefahr erheblich verstärkt, mit barock-typischen sternförmigen Bastionen ausgestattet wurde, wie sie auch der berühmte Kupferstecher Merian in seinem wertvollen Stich, der die Hohenzollern zusammen mit Hechingen zeigt, darstellt.
Dennoch konnte die katholische Festung nicht widerstehen, ging 1634 an das protestantische Württemberg verloren. Nachher trug die Veste zumeist eine habsburgische Besatzung, die also leistete, was das kleine Fürstentum nicht vermochte. Im Österreichischen Erbfolgekrieg 1744/45 ging das Bollwerk nochmals verloren, indem sich französische Truppen, verbündet mit dem nicht allzu fernen Bayern, zum Burgherrn aufschwangen. Bald aber wechselte die Hohenzollern zurück an Habsburg, welches noch bis 1798 verharrte. Die stolze Burg litt unter den Besatzungen, die zum Unterhalt nicht genügend beitrugen, weil die Veste ja nicht im genuinen Besitze; und so glich die Hohenzollern vor allem was die Burggebäude anbelangt immer mehr einer Ruine.
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Der auffälligste, weil phantasievollste Turm markiert über dem Spitz der Bischofsturm, auf der Westansicht links vom Markgrafenturm (links) und dem Kaiserturm (rechts) flankiert. In der Außenarchitektur erreichte Stüler hier seinen malerischsten Ausdruck: der Bischofsturm besitzt einen mächtigen Unterbau mit großem und hohem Maßwerk-Spitzbogenfenster; der deutlich schmalere, damit schlanke Oberbau weicht bei gleicher Frontebene nach Norden und Süden deutlich zurück; sein oberstes Stockwerk kragt nochmals leicht aus, um dann in ein hohes Zeltdach überzugehen; wo der Oberbau zugunsten schlanker Proportion zurückgeblieben, streben nun vier wichhausartige Türmchen an den Ecken dynamisch in die Höhe, den malerischen Ausdruck vollendend. Als vierter Turm dieser Ansicht lugt aus dem Burghofe der runde Wartturm mit abschließendem Zinnenkranz.
Die rechte Abbildung zeigt den gleichfalls sehr ansehnlichen Torturm, der als einziger der vielen Türme wie ein Solitär wirkt, nur an den unteren Metern von der inneren Burgmauer gefasst. Er ist überdies gleichsam Kontrapunkt zum Hufeisen der Burggebäude, da er der geöffneten Seite gegenüber steht. Auch hier herrscht unangefochten der gotische Spitzbogen; und am schönsten der auskragende Zinnenkranz mit Wichhäusern an den vier Ecken; ein hohes Walmdach beschließt. Im Hintergrund rechts sieht man den polygonalen Chor der evangelischen Christuskapelle.
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Der gerade genannte Wartturm ist auf linker Abbildung von seiner Burghofseite zu sehen, diesmal mit der Spitze des Bischofsturmes von hinten dreinlugend. Am gefälligsten ist unser Rundturm am Anfang und am Ende, per aufwendigem Spitzbogen-Portal und Fensterkranz mit Zinnenkrone; dazwischen zeigt der Treppenturm kleine Belichtungsöffnungen.
Beinahe märchenhaft gibt sich der Blick in die katholische Michaelskapelle (rechts oben): durch das Langhaus in den Chor. Das bis dato kurze Langhaus wurde im Zuge des Neuaufbaus verlängert, dergestalt aber, dass die ursprüngliche Raumform weiterhin erlebbar: über vier Stufen und einen Triumphbogen betritt man aus der Verlängerung das ursprüngliche Kirchenschiff. Auf obiger Abbildung blickt man entsprechend durch Elemente der Neugotik, in die echte, freilich "aufgepäppelte" Gotik: Haupt- und zwei Nebeneingänge und erster Teil des Langhauses in neugotischer, dann zweiter Abschnitt des Langhauses und Chor in gotischer Manier; eine ungewöhnliche Raumgestalt, bei reizvoller Zusammenführung neuer und alter Gotik.
Unter den sehr sehenswerten, immer einem märchenhaft-mittelalterlichem Ausdruck gewidmeten Innenräumen ragen neben den Kirchenräumen der Grafensaal, das Markgrafenzimmer und der Salon der Königin, ferner Waffen- und Schatzkammer hervor.
Rechts unten schaut man von Westen nach Osten über den mittelalterlich engen Burghof zum Torturm, der einige Meter unter dem Hofplateau seinen Anfang nimmt. Links die aufwendige Freitreppe mit Spitzbögen auf schlanken Säulen, sowie die Burgschenke, der durch zwei elegante Erkertürme auf sich aufmerksam macht.
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Weitere Impressionen: links die Spitze des Bischofsturms, von Westen gesehen - in der Mitte die vornehme Burgschenke mit den polygonalen Erkertürmen, den spitzbogigen Eingang symmetrisch in die Mitte nehmend - rechts die gediegen-landgotische Michaelskapelle, nebst neugotischer Erweiterung. Mag man beim Blick auf das letztere Bild einige Worte zur Außenmaterialität der Hohenzollern verlieren: während die ursprüngliche Kapelle aus entschieden dem Grau zuneigendem Buntsandstein verfertigt, wählte man für den Wiederaufbau zwar gleichfalls Buntsandstein, entschied sich aber für einen deutlich gelb eingefärbten Stein, der gleichfalls edel, dabei aber mehr Heiterkeit verbreitet. Der Sandstein der Kapelle gibt sich weit herber, wie sich die steineren Burg-Bauten des Mittelalters gerne offenbaren, wohingegen der Neubau diese Härte zugunsten eines weicheren Ausdrucks vermied; dies eine Grundhaltung des Historismus des 19. Jahrhunderts: gerne nahm man die Architekturmodelle des Mittelalters zum Vorbild, jedoch fast immer unter dem Vorsatze dieselben dem Auge ohne die originale Herbheit angenehmer zu gestalten - das geschulte Auge kann darüber leicht zwischen Mittelalter und Historismus unterscheiden; wie auf der Abbildung rechts ja gleichfalls leicht nachvollziehbar.
Als Folge der Märzrevolutionen von 1848/49, die in ganz Deutschland, auch im kleinen Fürstentume Hohenzollern um sich griffen, gaben die beiden Herrscherhäuser Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen nach Niederschlagung des Aufstandes ihre Macht dennoch ab, gleichsam an den "übergroßen" Bruder Preußen, welcher als ein in diesen Tagen überaus bewährter Behüter der Monarchie auch dem kleinen Fürstentume die gewünschte Ordnungsmacht.
Es war ein überaus merkwürdiger Winkelzug der Geschichte. Die süddeutschen hohenzollernschen Stammlande blieben immer klein, ja fast winzig, wohingegen der Ableger im Norden gedieh und gedieh, bis endlich sogar die Kaiserkrone aus dem Himmel auf die bis dato königlich-preußischen Häupter fiel. Und das Stammland, obwohl politisch unbedeutend, wurde nie von einem der bedeutenderen Nachbarn geschluckt, sondern stand so lange "Gewehr bei Fuß" bis die Wiedervereinigung 1850 weitgehend reibungslos vollzogen werden konnte.
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Was nun die Hohenzollern betraf, im frühen 19. Jahrhundert, nach Abzug ihrer letzten Besatzung (Habsburg-Österreich), nach beständigem Verfall seit dem 30jährigen Krieg, mitleiderregend darniederliegend, so war ihr großer Glücksfall ein preußischer Kronprinz. Später als Friedrich-Wilhelm IV. der große Romantiker auf Preußens Thron, als Friedenskönig bekannt, erklomm er während seiner Reise nach Italien, im Wunsche seine Wurzeln zu erkunden, den Hohenzollern. Da stand der Prinz auf den Schlossbastionen, bestaunte den Sonnenuntergang und blickte traurig auf die Ruinen seines Ursprungs, vielleicht schon damals den Entschluss fällend, die Hohenzollern wieder aufzurichten.
1840 wurde aus dem Kronprinzen der König von Preußen, und 1850 fand die Grundsteinlegung statt. Die Vollendung durfte er leider nicht mehr erleben, 1861 nämlich verstarb der große Romantiker. Der Nachfolger, sein jüngerer Bruder, König Wilhelm I. weihte 1867 ein. Die zweifellos enormen Kosten der spektakulären Burg wurde im übrigen nur zur Hälfte von Preußen getragen, indem nämlich die beiden schwäbischen Linien der Hohenzollern für die andere Hälfte aufkamen.
Die Burg Hohenzollern blieb erstaunlicherweise nicht das einzige hohenzollernsche Märchenschloss im Süden. Die Linie Hohhenzollern-Sigmaringen ließ es sich nämlich nicht nehmen, die eigene Residenz in Sigmaringen Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts nicht weniger aufsehenerregend umzugestalten. Und schließlich tat sich Kaiser Wilhelm II. hervor, indem er die ihm geschenkte Ruine der Hohkönigsburg im Elsass (damals Teil Deutschlands) 1901–1908 gleichfalls in spektakulärer Manier wieder aufrichten ließ. Der Burgenfreund hat seine helle Freude an diesen drei gewaltigen Anlagen!
Quellen
1) Besichtigung vor Ort: Burg und Landschaft
2) Wikipedia-Artikel Burg Hohenzollern
3) Homepage Burg Hohenzollern
4) Gradmann, Eugen / Christ, Hans / Klaiber, Hans: "Kunstwanderungen in Württemberg und Hohenzollern", Belser Verlag Stuttgart, 1955
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