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Verleiht man der Heidelberger Burganlage, wie man's ja gemeinhin und voller Berechtigung beansprucht, den Titel eines Schlosses, so braucht der Zwingenburg vor keiner anderen Burgveste des schönen und geradezu "burgenverseuchten" Neckartales bange sein! Die Burgen Guttenberg, Hornberg und Hirschhorn aber kommen ihr gleich. Alleine die alte Kaiserpfalz in Bad Wimpfen muss sie neben der Heidelberger Ergötzlichkeit passieren lassen.
Der erste badische Großherzog Karl Friedrich, ergriffen von der Schönheit des Tales und dem Reiz der gut erhaltenen Burg, wählte sie 1808 durch Erwerb als einen Jagdsitz. Zu solchen Ehren gelangt und ohnehin von großzügiger Dimension stand nun einer "Beförderung" zum Schloss nichts mehr im Wege, aus der Zwingenburg wurde Schloss Zwingenberg.
Durchaus eine erstaunliche Karriere für eine Burg, der früh schon das Existenzrecht abgesprochen wurde. Und Schuld hatten die Zwingenberger Ritter (seit Erbauung der Burg im 13. Jahrhundert im Besitz derselben), welche den Bogen nämlich reichlich überspannten. Streitsüchtig waren sie, schlimm genug, dann auch noch Raubritter. Das drang gar vor bis zum Kaiser. Kurz angebunden lies er die feisten Zwingenberger vertreiben und im Jahre darauf, 1364, um auch letzte Zweifel zu beseitigen, die Burg einfach schleifen. Das Ende, so jedenfalls schien es. Ein entscheidendes Kriterium verblieb freilich, die günstige strategische Lage. Das fanden gleich zwei Parteien, die Kurpfalz und das Erzstift Mainz. Die Burgreste und vielmehr der Standort wurden kurzerhand an beide übertragen, worüber jeder mehr unzufrieden als zufrieden — zu einem Wiederaufbau konnte es bei solchem Gemenge denn auch nicht kommen.
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Dann aber traten die Herren von Hirschhorn auf, seit jeher Lehensträger der beiden Parteien und damit ein geeigneter Kandidat. Nach der Stammburg über der Stadt gleichen Namens gründeten sie hier 1403 also eine Dependenz. Ihre zweite Neckartal-Burg, nur wenige Kilometer von der ersten entfernt.
Ein Jahr zuvor hatten die Hirschhorner auch die Burg Eberbach, situiert genau in der Mitte zwischen Hirschhorn und Zwingenberg, legal in ihren Besitz gebracht. Diese allerdings, um für die Zukunft alle Konkurrenz abzuwehren, schliffen die Hirschhorner recht dreist. Während also die Burg Eberbach Stein um Stein verlor, erwuchs die Zwingenburg um die Reste des Bergfrieds und der Schildmauer zu neuerlicher Blüte.
Mit der Schleifung im 14. Jahrhundert scheint Schloss Zwingenberg dem Schicksal ausreichend gezollt zu haben. Die Anlage änderte wohl noch ihr Aussehen, weitere Zerstörungen aber durfte sie passieren lassen. Weder die bitteren, nein bittersten Drangsale des 17. Jahrhunderts vermochten ihr Schlimmes — noch etwaige Vernachlässigungen gleich welchen Jahrhunderts. Das Schloss Zwingenberg überlebte bis in unsere Tage! Bestaunenswert, im Badischen allzumal (Ruinen finden sich in Baden beinahe wie das sprichwörtliche Sand am Meer — größere erhaltene Burganlagen dagegen zählen kaum ein Dutzend)..
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Vom örtlichen Bahnhof kommend, mich entlang der Neckarstraße annähernd habe ich ganz eindeutig die attraktivste Ansicht vor Augen — das Schloss präsentiert sich von der Längsseite, bestens in Szene gesetzt auch noch von der milden Wintersonne. Oberhalb des ehemaligen Fischerdorfes Zwingenberg reiht es denn sauber Bauwerk an Bauwerk und offenbart eine Großzügigkeit der Anlage. Links ein großes Rondell, dann das ehemalige Großherzogliche Rentamt — beide Teil der Vorburg; dann die Hauptburg mit Uhrenturm, dem verputzten Wieser'schen Anbau, darüber der alte Palas und schließlich der mächtige viereckige Bergfried. Augenfällig auch die hohe, das gesamte Schloss umgebende Ringmauer mit Rundbogenfries.
Die Anlage aus rotem Sandstein staffelt sich in Richtung des Bergfriedes in die Höhe — ein lebendiges und zugleich monumentales und majestätisches Spiel der (zumeist) rauen mittelalterlichen Baukörper. Noch mehr fällt auch, nämlich die ungewöhnliche Situierung: das Schloss erklimmt kaum die Hälfte der Talwand, sitzt also verhältnismäßig niedrig über dem Neckar. Eingangs wurde von einer strategisch günstigen Lage gesprochen, von hier unten aus nicht nachvollziehbar. Und dennoch richtig, bei Umrundung nämlich gibt sich das Geheimnis preis. Das Schloss sitzt auf einem schmalen Bergsporn zwischen dem Neckartal und der tiefen, in das Neckartal einmündenden Wolfsschlucht, ohne weiteres also in einer Art Gipfelposition — die beschriebene Längsseite zeigt zum Fluss, die andere zur Schlucht; beide Seiten also waren kaum anfechtbar. Auch die vom mächtigen Rondell besetzte Schmalseite hatte wenig zu befürchten.
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Einzig die Richtung Berg zeigende Schmalseite war eine Schwachstelle. Umso energischer trieben noch die Zwingenberger Ritter einen HALSGRABEN in den Felsen zwischen Burg und Berg und verstärkten die Mauern des vor allem in diese Richtung verteidigenden Bergfriedes. Obgleich die Burg keine „klassische" Gipfellage besitzt, konnte sie sich im Verteidigungsfalle doch auf entsprechende Qualitäten berufen und besaß überdies den großen Vorteil der kurzen und wenig beschwerlichen Distanz zum Neckar, respektive zu den ihn nutzenden Schiffen. „Kundennähe" würde man heute sagen.
Gehen wir in der gewählten Reihenfolge den einzelnen Bauwerken auch im Detail nach. Die VORBURG: das ECKRONDELL, von beachtlicher Größe und mit Zinnen versehen, fällt des weiteren durch das "aufgeschnittene" Dach auf — nach außen in mehrseitiger Zeltform und nach innen mit spitzem Giebel aus Fachwerk. Letzterer bildet einen feinen Kontrast zur Rohheit der Sandstein-Mauern. Das ehemalige FORSTAMT wurde im neugotisch-historistischem Stil der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgeführt — was aber und keineswegs unangenehm erst aus der Nähe ersichtlich. Gleichfalls in rotem Sandstein und die mittelalterliche Formenwelt zum Vorbild passt es sich ordentlich ein, gibt sich für die mittelalterliche Nachbarschaft allenfalls ein wenig zu verspielt — man möge es ihm verzeihen. Überdies sitzt die nach außen gekehrte Längsfassade reizvoll auf der RINGMAUER.
Dann die HAUPTBURG mit dem WIESER'SCHEN ANBAU, benannt nach dem Freiherrn von Wieser, welcher gegen Ende des 17. Jahrhunderts (das Rittergeschlecht der Hirschhorner war 1632 ausgestorben) zusätzlichen Wohnraums bedurfte. Durch weißen Verputz setzten sich die Erweiterung dankenswert vom sandsteinernen Palas ab.
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Vom gleichen Materialkontrast profitiert der sogenannte UHRENTURM links davon — sicher der auffälligste der VIER ECKRONDELLE der Hauptburg. Die obere Partie wurde gleichfalls weiß verputzt — hier hängt auch die 1792 angebrachte Schlossuhr; darüber ein achtseitiges Zeltdach. Der PALAS, viergeschossig und schmucklos, ein wahrlich mittelalterliches Ding, steht als wuchtige Masse über dem Wieser'schen Anbau und zu Seiten des romanischen Bergfriedes.
In Richtung des Halsgrabens bekrönt der mächtige BERGFRIED ein ohnehin schon hohes Maß an Monumentalität: zuerst die beinahe senkrechte Felswand, dann die um die gesamt Burg führende Ringmauer, nun die Mauer der Hauptburg mit Rondell und endlich der sich reckende viereckige Turm. Wie die Mauern zuvor, besitzt auch er nur wenige Öffnungen und einen Rundbogenfries unter dem leicht auskragenden Obergeschoss. Ein schiefergedecktes vierseitiges Zeltdach beschließt ihn. Das schwarze Material schließt das viele Sandstein-Rot unter ihm gekonnt ab.
Die untergehende Sonne tauchte die Sandsteinmauern und die januarkahle Vegetation in warmes goldenes Licht, den scharfen blauen Himmel dagegen. Die Vollendung eines ergreifenden Bildes.
Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Schloss und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Homepage www.schloss-zwingenberg.de
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