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Es ist einer der spektakulärsten Burgen-Prospekte Baden-Württembergs, ja sogar ganz Süddeutschlands – welch' aufrüttelnde, geradezu irritierend reizvolle Verbindung von Natur und Bauwerk: Burg Werenwag im Oberen Donautal!
Das Schloss steht auf fast senkrecht abfallendem Felsen, einem in das Donautal vorrückenden Sporn aus Kalkgestein. Man bewundert den Wagemut der Erbauer des frühen 12. Jahrhunderts; fast bekommt man es mit der Angst zu tun: kann der schmale Felsen das große Gebäu über die Zeiten tragen? Aber er ist in der Tat höchst stabil, trotzend der Erosion seit fast einem Jahrtausend und erdbebensicher wie ein böses Rütteln 1911 beweist. Und dennoch, das Bild behält sein Schauerliches. Darin wird der atemberaubende Reiz der Veste, hoch über der jungen Donau vollendet!
Die obige Abbildung zeigt rechts die Burg, links Gebäude des großen Wirtschaftshofes und darunter das fast vertikal ins Tal stürzende Kalkgestein – es ist die Südwest-Ansicht der Anlage, beobachtet aus dem Donautal. Historisch zur Oberen Grafschaft Hohenberg zählend, damit dem österreichischen Hause Habsburg direkt unterstellt, ist die Werenwag heute Teil des Landkreises Sigmaringen.
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Schönste Außenarchitektur ist der schlanke Bergfried, geziert von zwei Treppengiebeln (linke Abbildung). Im Gegensatz zum restlichen Schloss steht der Turm noch unverputzt, also mit schöneren Steinfassaden, die Herbheit dieses Bauteils unterstreichend. Als Schutz gegen die einzig anfällige Burgseite, die Nordwest-Seite, wo die weiter leicht ansteigende Topographie keinen natürlichen Vorteil eröffnete, ward der Turm hier über einem künstlichen Halsgraben aufgerichtet.
Vollkommen uneinnehmbar dagegen die drei anderen Seiten der Veste, im Bild links per Südost-Seite. Der fast vertikale Fels unterhalb der Burg wäre für einen bewaffneten Invasor schlicht nicht ersteigbar gewesen. Ein halbrunder Turm mit Dachkegel ist hier dem Schloss vorgelagert. Direkt am Felsmassiv darf man den Kopf schon weit in den Nacken legen um die Veste hoch oben noch zumindest abschnittsweise zu erblicken. Westlich des Schlosses fährt der Sporn noch weiter hinaus, es ist der Ritterfelsen (links); zur Bebauung endgültig nicht mehr geeignet, dafür die beste Aussichtsplattform bereitend.
Im Zusammenhang mit der Zeit der Burggründung treten urkundlich die Grafen von Hohenberg-Haigerloch auf, die sich dann nach der Burg nennen. Sie bleiben im Besitz ihrer Herrschaft bis zum Übertritt in den Protestantismus; gleichzeitig siedelt man nach Reutlingen über. Der österreichische Lehnsherr, immer katholisch, ist ob des Konfessionswechsels natürlich "not amused" – die Werenwager sind ab 1503 ihrer Burg verlustig. 1533 erhalten sie sie zurück, jedoch nur der in Augsburg ansässige und vor allem noch brav katholische Zweig der Familie, die alsbald an die Herren von Laubenberg weiterreichten. Anschließend waren es in erster Linie die Fürstenberger, die sich bis heute als Schlossbesitzer auf dem steilen Felsen "sonn(t)en".
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Die attraktivste Schloss-Seite ist die Südwest-Ansicht, die sich dem Besucher aus der Tiefe des Donautals eröffnet, wenn er von Richtung Beuron kommt, dem Hauptort gleichnamiger Gemeinde zu welchem auch die Werenwag gehört. Nicht dass hier der tragende Felsen besonders steil oder skurril wäre, die Südost- und Nordost-Seite stehen in nichts nach; es liegt am Bergfried, der zur reizvollsten Seite kürt. Durch die steinerne Außenhaut ist er gleichsam die von Menschenhand geformte Fortsetzung des grau-gelben Felsmassivs; sozusagen die Natur und was der Mensch aus ihr dank kunstvoller Griffe geschaffen hat.
Man bemerkt überdies die Hauptausrichtung des Schlosses, das sich per Aneinanderreihung einzelner Gebäudeteile von Nordwesten nach Südosten erstreckt, parallel zum ins Tal tretenden Felssporn.
Spätestens ab dem 18. Jahrhundert wurde aus der wehrhaften Veste zunehmend ein unbefestigtes Schloss. Neben dem Wegfall des Torgebäudes, das sich direkt an den Bergfried lehnte, Kürzung der Mauern, machte sich die "Schlossifizierung" in Gestalt größerer Fensterdurchbrüche bemerkbar. Licht sollte in die mitunter dunklen Burggemächer, wie sich überdies das Repräsentationsbedürfnis steigerte.
Dem Aussehen unserer Burg half die neue Zeit leider wenig. Das reizvolle wehrhafte Moment, das den Besucher z.B. bei der nahen Burg Wildenstein mit Macht ergreift, es verschwand. Und die Aufwertung zum Schloss erbrachte leider keine Veredelung der Fassaden. Denn das hätte man sich eingehen lassen: prächtiger Barock statt rauher Wehrhaftigkeit; ja, würde ein verspielter, bunter Rokoko-Palast vom rohen Felsen grüßen, der ließe sich freudig begrüßen. So aber verschwand ein wichtiger Reiz ohne durch einen neuen Ersatz zu finden. Die Werenwag ist auch als Bauwerk sehenswert, aber ohne ihre aberwitzige Situierung über dem Donautal, das gewaltige vertikale Felsmassiv zum Thron, das Schloss wäre irgendwo im Mittelfeld der baden-württembergischen Schlösser und Burgen. So ist es vor allem der Landschaft zu danken, dass hier eines der attraktivsten Burgbilder Süddeutschlands bewundert werden darf.
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Schloss Werenwag und seine Gesamtsschau im Oberen Donautal. Soeben hat man, aus Richtung Beuron kommend, die Burg Wildenstein passiert, welche an spektakulärer Felssituierung in nichts nachsteht und an Burg-Architektur noch weit übertrifft. Weiter flussabwärts trifft man auf die dritte badische Veste dieses Tales, Schloss Gutenstein, welches – obgleich ebenfalls sehr ansehnlich – mit den zwei ersten nicht mehr mitzuhalten vermag.
Das Obere Donautal ist alleine schon ob seiner selbst eine bedeutende Sehenswürdigkeit in Baden-Württemberg. Seit Jahrmillionen hat sich der Fluss in das Gestein gefressen, das Tal immer tiefer ausgespült, dabei als Hauptbesonderheit sehr steile Talwände zurücklassend, die ihrerseits gerne bizarr zerklüftete Felsgebilde hervorbrachten. Dem ungeachtet besitzt das Tal zumeist einige Breite, welche von Wald und Wiesen eingenommen, das Malerische unterstreicht. Eine ganz besondere Landschaft, die zu den reizvollsten in ganz Süddeutschland gezählt werden darf.
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Die Nordost-Seite der Werenwag, wie man sie von Sigmaringen kommend, erblicken darf. Auch diese Ansicht, wiederum dem Felssporn geschuldet, ist aufreizend spektakulär. Sie gibt die "Schichtung" der Gebäudeteile bestens wieder. Rechts der Hauptbau, größter Gebäudeteil, direkt am Halsgraben stehend. Ihm noch vorgelagert ein halbrunder Turm; dessen Unterbau aus sichtbaren Steinquadern zählt mit dem Bergfried (ohne die Spitze) zum ältesten Teil der Burg, als noch romanische, höchstens frühgotische Partien vielleicht bis zur Gründung der Veste zurückreichend. Auf der linken Abbildung lässt sich der Unterbau gut erkennen, ebenso wie der Halsgraben und die denselben überspannende Steinbrücke.
An die andere Seite reihen sich zwei wie der Hauptbau Satteldach-gedeckte Gebäudeteile, jedes Mal kleiner werdend, schließlich im zweiten Halbrund-Turm kulminierend, damit auch am Südende des Felssporns angelangend. Auf einen großen Erker des Hauptbaus mag noch hinweisen.
Was hier zu sehen ist noch die typisch mittelalterliche Manier, die Gebäudeteile zwanglos aneinander zu schieben. Reizvoll urwüchsig, noch ohne das spätere Bestreben der kunstvollen Kombination. Nicht zuletzt deshalb darf man von der Werenwag noch ohne weiteres als einer Burg reden.
Reizvoll auch der Kontrast zwischen dem rohen dunklen Felsen und dem hellen Verputz. Die Burg wächst gleichsam aus dem Felsen heraus, und der Materialgegensatz zeichnet die sauberste skurrile Linie zwischen Natur- und Menschenwerk. Auch dies von höchstem Effekt, alleine – zumindest aus Sicht der Autoren – der Materialgleichklang von Fels und Bergfried auf der anderen Schloss-Seite, die Vollendung des Naturwerks durch Menschenhand ist noch bedeutender.
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Blick über den gleichfalls ansehnlichen Wirtschaftshof zur Burg mit Bergfried. Werenwag ist bereits seit 1830 im Besitz des bekannten Hauses Fürstenberg, nachdem man übrigens schon 1629 bis 1721 Eigentümer war. Das Schloss ist also im Privatbesitz, und die beinahe logische Konsequenz daraus für uns? Wir stehen vor dem Besucher stets verschlossenem Tore des Wirtschaftshofes, sehnsüchtigen Blickes zwischen den Eisenstäben hindurch nach der Burg. Ein böser Wehrmutstropfen, jedoch ein allgemeiner bei Badens Schlössern im Privatbesitz.
Der sehr geräumige Wirtschaftshof, weit größer als das Burgareal, versehen mit zahlreichen Gebäuden (man sieht hier nur einen Ausschnitt des Hofes), mag aus einer deutlich kleineren Vorburg des Mittelalters entstanden sein; was heute vor Augen ist jedoch nicht älter als 18. Jahrhundert. Rechts das schönste Gebäude des Wirtschaftshofes, in repräsentativer barocker Manier im Norden in Tornähe errichtet.
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Das Menschenwerk, die Architektur, vollendet den großen Reiz der landschaftlichen Natur gleichsam als i-Tüpfelchen. Mag man darin das malerische Hauptcharakteristikum des Oberen Donautals erkennen. Es beginnt mit dem sehr ansehnlichen Kloster Beuron und endet mit dem Märchenschloss Sigmaringen 30 Kilometer weiter flussabwärts, wo sich das Tal zunehmend verliert. Kloster Beuron und Schloss Sigmaringen, beide einst zum heute fast vergessenen Hohenzollern gehörend, spannen das seltene Erlebnis förmlich auf: auf die Benediktiner-Abtei folgen die beiden Spektakulären Wildenstein und Werenwag als badischer Beitrag, dann die zwei kleinen Ruinen Dobel und Falkenstein (Hohenzollern), das wiederum badische Schloss Gutenstein, dann erneut hohenzollerisch die Ruine in Diefurt und schließlich das Märchenschloss von Sigmaringen. Eine formidable, atemberaubende Wanderung (oder Fahrt), die in Deutschland ihresgleichen sucht und allenfalls Gleichwertiges findet! Nicht unerwähnt bleiben soll Schloss Bronnen, das noch vor Beuron klein aber wiederum spektakulär auf einem Felsen thront; des weiteren die fast unzähligen weitern Burgen, die im Laufe der Zeit ganz oder bis auf letzte Fragmente verschwanden, und aus dem Tal nicht mehr zu erspähen sind, also zum Schauspiel nichts beitragen können.
Das schwere Erdbeben von 1911 rüttelte stark auch an den beschriebenen Gebäudeteilen. Böse Risse zeigte unser Bergfried, und sich befreiende Steinblöcke desselben durchschlugen Dächer darunter. Zum großen Glück aber hielt das Felsmassiv: das so nah an den Spornrändern erbaute Schloss, es würde bei einem Nachgeben des Kalkgesteins jäh zu Tale trümmern. So "hochnäsig" und gewagt thront das Schloss auf dünnem Felsen, dass man es sich nur allzu leicht als schreckliches Schauspiel vor das geistige Auge malt...
Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Burg und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Wikipedia-Artikel Schloss Werenwag
4) Website www.burgenwelt.de
5) Website www.hegauritter-net.jimdo.com.de
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